27-7 Interview

Interview: 100 Tage unter Wasser - Wissenschaftliche Forschung unter Wasser auf den Florida Keys

igoplaces.de

Foto: MarineLab

Der frühere US-Marinekommandant sowie Doktor für biomedizinische Technik, Dr. Joseph Dituri, ist für 100 Tage in Jules‘ Undersea Lodge in Key Largo gezogen. Das älteste Unterwasserhotel der Welt befindet sich zehn Meter unter der Meeresoberfläche. Damit wird Joseph Dituri, wenn er die 100 Tage unter Wasser bleibt, einen Rekord aufstellen. Niemals zuvor lebte ein Mensch so viele Tage ununterbrochen unter derartigen Druckbedingungen. Der bisherige Höchstwert liegt bei 73 Tagen. 


Der Weltrekord ist aber nur ein Nebenprodukt. Das eigentliche Ziel dieses Projekts ist es zu erforschen, welche Auswirkungen ein langfristiger Aufenthalt in dieser extremen Situation auf den menschlichen Körper hat. Ein weiterer Fokus der Forschung liegt auf der hyperbaren Medizin, etwa auf der Hyperbaren Oxygenation, eine Behandlungsmethode, bei der Sauerstoff in einer Überdruckumgebung eingeatmet wird. Diese Methode kann sich zur Behandlung bestimmter Krankheiten wie Kohlenmonoxidvergiftungen oder Infektionen eignen. Außerdem erhoffen sich die Wissenschaftler Erkenntnisse für die Weltraumfahrt, etwa für bemannte Marsmissionen.

 

USA ENTDECKEN hat mit Joseph Dituri über sein spektakuläres Projekt gesprochen:

Wie fühlt es sich an, so lange unter Wasser zu leben? 

Joseph Dituri: Für mich ist es das tollste auf der Welt. Diese ganze Mission wurde insgesamt zehn Jahre lang vorbereitet und endlich konnte ich meinen Traum verwirklichen. Die Möglichkeit unter Wasser zu leben und diese wissenschaftliche Forschung zu betreiben, ist unglaublich.  

 

Haben Sie schon einmal unter der Wasseroberfläche gelebt? 

 

Joseph Dituri: Ja, ich habe schon mehrere Tage unter Wasser gelebt und ich hatte auch einige Testläufe für dieses große Projekt. Zudem arbeitete ich 28 Jahre lang als Sättigungstaucher für die US Navy. Ich würde sagen: Unterwasser ist meine Stärke!

Foto: MarineLab


Was vermissen Sie am meisten?

 

Joseph Dituri: Die meisten Menschen denken, dass ich den Himmel oder frische Luft vermisse. Aber ich bin ein wahrer Sonnenanbeter. In meinem Alltag stehe ich sehr früh auf, gehe ins Fitnessstudio und schaue mir anschließend den Sonnenaufgang an. Mein Arbeitstag endet meistens damit, dass ich den Sonnenuntergang beobachte. Und das ist es auch, was ich am meisten vermisse: die Sonnenauf- und die Sonnenuntergänge.

 

Foto: MarineLab

Die Unterwasserwelt ist Ihr Metier. Was fasziniert Sie eigentlich so sehr daran? 

 

Joseph Dituri: Ich bin fest davon überzeugt, dass alles, was wir brauchen, bereits in der Natur vorhanden ist. Wenn jemand krank ist, lassen sich die Mittel zur Heilung häufig in diesem Ökosystem finden. Mich hat einmal James Cameron angerufen und gefragt, ob ich an einem Tauchprojekt im Marianengraben teilnehmen und die Forschungsergebnisse auswerten würde. Tatsächlich fanden sie 35 Zentimeter lange Seeläuse, denen sie DNA-Proben entnahmen. In diesen Proben vom Meeresgrund befand sich ein Mittel, mit dem sich Alzheimer-Symptome behandeln lassen. Es war einfach unglaublich! Das geschah am 24. Dezember 2012 und ich sagte: „Alles, was wir brauchen, befindet sich in dieser Welt, wir müssen es lediglich finden. Wir müssen dorthin gehen, wo wir noch nicht gesucht haben, und wir werden auf Dinge stoßen, die wir niemals zuvor entdeckt hatten. Dazu müssen wir uns auch ins Meer begeben und dort leben.“

 

Welche Veränderungen bemerken Sie unter Wasser?

 

Joseph Dituri: Es gibt einige interessante Dinge, die ich in Bezug auf meinen Körper festgestellt habe. Zum Beispiel muss ich häufiger auf die Toilette. Der Harndrang ist unter Wasser etwa 20 bis 25 Prozent höher, als an der Oberfläche – ein sehr unerwartetes Ergebnis (lacht). Außerdem hat sich mein Schlafverhalten verändert. Meine Tiefschlaf- und REM-Schlafphasen sind unter Wasser etwa 30 Prozent länger, allerdings ist meine Schlafdauer kürzer.

 

Gibt es bereits erste greifbare Erkenntnisse?

Joseph Dituri: Nein, im Moment noch nicht. Ich führe in Zusammenarbeit mit einer medizinischen Fakultät EEGs, EKGs, Blutabnahmen und Stammzellentests durch. Dadurch wird jede Veränderung in meinem Körper überwacht, während ich hier unten bin. Die daraus resultierenden Ergebnisse werden sehr interessant sein.

 

 

Vielen Dank für das Gespräch.